Michaela Classen
Kunst darf gerne politisch sein!
Stationen: geboren in Kronberg/ Taunus, 1966-1969 Ausbildung zur Grafikerin, freiberufliche Tätigkeit, 1968-1987 Geburt von fünf Kinder, 1991-1995 Studium an der Universität Essen, Fachbereich Kunst, 1995-1999 Studium beim Novalis Hochschulverein Kamp- Lintfort, 2002 Mitglied im Berufsverband Bildener Künstler Westfalen, 2002-2004 Mitarbeit im Museum Folkwang Essen, seither freischaffende Malerin
Künstlerische Ambitionen hatte die aus einer Verlegerfamilie stammende Michaela Classen schon als Kind. Bereits mit neun Jahren stellte sie ihre Werke in der Stadtbibliothek Essen aus. Nach der Ausbildung als Graphikerin absolvierte die fünffache Mutter noch ein Studium der freien Malerei und verwandelte fortan ihre Erlebnisse in ganz eigene Bildgeschichten von Kinderdarstellungen, die sich entschieden von unserer gewohnten Alltagswelt abheben.
Nichts gegen die, die in der Kunst eine Ästhetik suchen, aber alles gegen die, die nur Licht in der Bildwelt zu sehen vermeinen. Die Voraussetzungen für eine menschliche Odyssee liegen meistens im seelischen Bereich des Individuums. Diese Seite zu demaskieren fordert geradezu zur Transformierung ins subjektiv Geformte heraus, ja zum verformten Menschenbild, das auch vor der Überzeichnung in eine gewalttätige Aussage nicht zurückscheut.
Die Bilder Classens lassen manchmal schwer erkennen, ob der Mensch Opfer oder Henker ist. In scheinbar so desillusionierender Zustandsschilderung, ja in ausdrücklicher Passivität präsentieren sich die Personen, dass sie tatenlos in die Welt hineingeworfen und ihr rücksichtslos ausgeliefert zu sein scheinen. Dennoch machen sie versteckt auf ihre Verletzlichkeit aufmerksam, lassen aber offen, ob der Mensch durch seine selbst heraufbeschworene Dämonie in einen Teufelskreis oder in die Sackgasse höchster Verwerflichkeit geraten ist. Ohne Weltverbesserer sein zu wollen und ohne gleich Antworten zu geben, wirft Classen ganz unapodiktisch Fragen zum Existenziellen des menschlichen Verhaltens auf. Ihr genügt der Hinweis auf die Wirklichkeit des Unwirklichen, auf die Komik des Schreckens im Ausdruck des Trivialen, den sie in kontrastierenden Realismus festhält.
In diesem Sinne ist Classen eine Erfinderin eines neuen Stils, obwohl aber eröffnet sie die Möglichkeit zu neuen Erkenntnissen.
Da werden nämlich Verdrängungsmechanismen in uns wachgerüttlet mit dem Anliegen, die eigene Ich-Erfahrung zu überdenken. Da stehen die Menschen als Abbild unschuldiger Kinder, streng konturiert vom Hintergrund abgehoben, verletzt oder durch Quälerei an den Pranger gestellt, und blicken den Betrachter teilnahmslos an, als ob sie nicht wissen, dass mit ihnen etwas nicht stimmt, was sie tun oder ob sie überhaupt leiden.
Diese neutrale Darstellung der entleerten, unbeteiligten Hanltung als Zeichen des Ausgesetztseins in die Umwelt hat auf den Betrachter eine magische beklemmende Wirkung.
Man muss den determinierenden realismus als Stilmittel ansehen, der oberflächlich zunächst eine heile Welt vortäuscht, dann aber als eine in die Tiefe des Inneren ruhende Bewusstseinsstörung wahrgenommen wird.
Den inhaltlichen Eindruck der Doppelbödigkeit der dargestellten Personen unterstützt die Farbgebung der Bilder, deren Ausstrahlung so unterkühlt ist, dass die Oberfläche jegliche malerische Wärme einbußt.
An keiner Stelle wirkt sie ästhetisierend überhöht noch ist sie von sinnlich schmeichelnder Schönheit, vielmehr verharrt sie in neutraler Beschreibung, wirkt hart, metallisch, ja ungefällig, um damit die diabolische, polare Kluft einer harmonisch intakten Scheinwelt des Alltäglichen zur tatsächlich, psychischen Befindlichkeit einer zerbrechlichen Existenz, in der dämonische Kräfte waöten, zu unterstreichen.
Das Trauma
Neben skurrilen Tierbildern und Porträts bekannter Persönlichkeiten (wie Edgar Alan Poe) greift sie immer wieder das Thema Kindheit und Kinder auf. Allerdings auf eine subtile Art und Weise, so dass nicht immer deutlich wird, wer das Opfer ist, wer der Täter.
Selbst Mutter von fünf erwachsenen Kindern stellt sie fest, dass „Menschen keine ... Engel (sind), sie können brutal, verschlagen, verlogen sein".
Äußerlich unsichtbare seelische Verletzungen verbergen sich hinter distanzierter, scheinbar gleichmütiger Fassade und ernster Miene. Es fehlt jegliche Leichtigkeit und spielerische Unbefangenheit.
Hier zwei Kinder, die schnappschussartig neben einem uniformierten Skelett posieren („Gemeinsamkeiten"), dort ein papieren „behütetes" Kind („Das innere Kind"), das augenscheinlich völlig unbewegt ein breites Messer neben seinem Teddy SiegactTeien nicht zu begreifen, was sie eigentlich tun, scheinen nicht zu bemerken, dass etwas absolut nicht in Ordnung ist. Dass „Kindheit ... oft kein Kinderspiel (ist)", setzen diese Bilder eindringlich um!
Die historisierende Kleidung der Kinder verweist auf eine längst vergangene Zeit. Sie suggeriert eine vermeintlich „intakte Welt" im Sinne von „früher war alles anders und besser". Dahinter verbirgt sich oft alltägliche Gewalt, Angst und Verlassenheit eines kleinen Kindes.
Eingebunden in befremdliche, oft surreal anmutende Konstellationen sieht man ein japanisches Kind neben einem Goldfisch („Sushi III"), der merkwürdigerweise nicht sehr artgerecht, in einen Käfig eingesperrt ist.
Kleidung funktioniert aber auch als eine Art Schutz und Projektionsfläche hinter der das zweite Ich zum Vorschein kommt (Stichwort Freizeit- und Berufskleidung).
Mit japanischen Kindern und Motiven verbindet Michaela Classen die natürliche Distanziertheit der Japaner (was ja alle ihre abgebildeten Person ausstrahlen). Eingebunden in festgefügte Traditionen, zugleich in einer sehr modernen und fortschrittlichen Gesellschaft, leben sie zwischen zwei Welten.
Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligung
2018/11/08 | Galerie Z "Wie es uns gefällt" |
2018 | Art Karlsruhe Galerie KK |
2017/11/09 | Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt |
2017/05/02 | Gröschler Haus Jever |
2017 | Art Karlsruhe Galerie KK |
2016/03/29 | Von Menschen und Tiere Kunstraum Essen |
2016/03/13 | 3+3 Gruppe Alte Cücterey Borbeck |
2016 | Art Karlsruhe Galerie KK |
2015/01/30 | Märchenstunde Galerie KK |
2015/01/22 | Voyagea Jerusalem Ceril Musee, Orleans |
2014 | Art Karlsruhe Galerie KK |
2014/04/10 | Ansichten vom Ich Galerie KK |
2013/11/10 | Essener Galerien stellen aus Kunstraum Scheidt`sche Hallen |
2013 | Reise nach Jerusalem und andere Kindheitsbilder, Kunstverein Südsauerland, Olpe |
2013 | Art Karlsruhe, vertreten durch die Galerie KK, Essen |
2012 | Traum und Traumata, Rathausgalerie Aalen Art Karlsruhe, vertreten durch die Galerie KK, Essen Bright&Dark, Werkstatt, Gelsenkirchen Die Reise nach Jerusalem, Kunstraum Scheidt`sche Hallen, Essen Kettwig |
2011 | Die Reise nach Jerusalem, Moses Mendelssohn Akademie, Halberstadt Art Karlsruhe, vertreten durch die Galerie KK, Essen |
2010 | Positionen: Gegenständliche Kunst heute, Galerie Fähre, Altes Kloster, Bad Saulgau und Museum des Landkreises Waldshut, Schloß Bonndorf Art Fair, Köln, vertreten durch die Galerie KK, Essen Contemporary Art Ruhr, Zeche Zollverein, vertreten durch die Galerie KK, Essen Kunstraum Scheidt´sche Hallen, in Kooperation mit der Galerie KK, Essen |
2009 | Animal Gallery, Galerie KK, Essen Unter den Tisch gekehrt, Scheidt´sche HHallen, Essen Kettwig |
2008 | Ansichten vom Ich, Galerie KK, Essen Sternenkinder, Eichkreuzhöhe, Velbert Langenberg Realismus der Gegenwart, Zeche Elisabeth, Essen |
2007 | Vergangene Zeiten, Galerie Kunsthof, Halberstadt |
2006 | Ausstellung in der Galerie KK, Essen |
2005 | Kleine Prinzen, Bürgermeisterhaus Essen Werden Die seltsamen Augenblicke, Galerie Hunger, Essen Augenblick, Galerie Reimus, Essen |
2004 | Wir im Revier, Rathausgalerie, Castrop- Rauxel |
2003 | Kunst &Sport immer in Bewegung, Rauthaus- Galerie, Attendorn Menschenbilder sichtbar- greifbar, Eco – Textil, Bochum Quadrartisten, Torhausgalerie Rombergpark, Dortmund |
2002 | Art& Economics, Zeche Zollverein, Essen Malzeit!, HetjensMuseum, Düsseldorf |
2001 | Leinwand frei, Atelier Prof. Jörg Immendorf |
2000 | Formprinzip Farbe, Volksbank Gelsenkirchen Heartbox, Auktionshaus Christie`s, Düsseldorf |
1998 | Malen mit Licht, Fejo, Dänemark |
1997 | Freie Landschaft, Domodossola, Italien |